19.05.12 um 13:12 Uhr
Text der Pressemitteilung zum Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts
Am 30. o3.2012 kam das Verwaltungsgericht Augsburg im Rechtsstreit von Bewohnern der Maximilianstraße gegen die Stadt Augsburg zu folgendem Urteil:
Die Beklagte (Stadt Augsburg) wird verpflichtet, zum Schutz der Anwohner, entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichtes, binnen 6 Monaten erneut über weitere geeignete Maßnahmen des aktiven Schallschutzes einschließlich der generellen Sperrzeitverlängerung zu entscheiden.
Damit kam das Gericht weitgehend der Forderung der bürgerlichen Klägergruppe nach, entgegen der Forderung der Stadt, die Klage als unzulässig abzuweisen!
Die Klägergemeinschaft vertrat in einem Schreiben an den OB die Auffassung, dass die Maximilianstraße kein festgesetzter Rummelplatz und rechtsfreier Raum sei und es die Pflicht der Stadt ist, geeignete und wirkungsvolle Maßnahmen gegen die Lärmbelästigung zu treffen. Die Stadt verwies in ihrem Antwortschreiben auf das vom Stadtrat beschlossene Maßnahmenpaket (17-Punkte-Programm), die Aufstellung des Bebauungsplans 470, von dem man Verbesserungen erwarte, die Einführung eines Gewerbeüberwachungsdienstes mit 2 Dienststellen für das gesamte Stadtgebiet sowie die Aufstockung des Ordnungsdienstes.
Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Anlieger den Anspruch haben in Nachtzeiten nicht über das zumutbare Maß hinausgehende und störende Lärmimmissionen ausgesetzt zu sein. Der Anspruch der Kläger auf eine erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung begründet sich insbesondere dadurch, dass die Stadt am 29.Juli 2010 beschlossen hat, an der allgemeinen Sperrzeitregelung festzuhalten obwohl , nach einen Beschluss des BverwG vom 14.5.1996, z.B. bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderen örtlichen Verhältnissen die Sperrzeit durch Verordnung verlängert werden kann. Mit seinem Urteil folgt das Verwaltungsgericht Augsburg der Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach der Schutz der Nachtruhe einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang darstellt.
Die von der Stadt Augsburg beschlossenen Maßnahmen erfüllen nach Ansicht des Gerichts und entgegen den Behauptungen der Stadt nicht den grundsätzlich anerkannten Anspruch der Kläger auf Lärmreduzierung. Der derzeitige Lärmpegel zur Nachtzeit ist den Klägern nicht zuzumuten. Im Einzelnen geht das Gericht auf die bisherigen Maßnahmen der Stadt ein und stellt entweder deren Wirkungslosigkeit oder gar fehlende Umsetzung fest:
· Die Einführung eines Gewerbeüberwachungsdienstes bestehend aus 2 Personen für die gesamte Stadt kann nicht zu einer messbaren Pegelreduzierung führen.
· Die Aufstockung des Ordnungsdienstes führt ebenfalls zu keiner Lärmreduzierung zumal diese Stellen wegen fehlender Haushaltmittel gar nicht besetzt wurden.
· Die städtischen „Kontrollen zur Einhaltung der Straßenverkehrsordnung“ und der Ahndung von Parkverstößen, sind für den Außenlärm ebenfalls ohne Bedeutung.
· Die vorgesehenen 14 Ordnungsdienststellen, von denen nur 8 besetzt sind, und die bei Konfliktsituationen eingreifen sollen, wirken nur im Nachhinein, also wenn bereits Lärm durch das Verhalten von Gaststättenbesuchern entstanden ist.
· Die von der Stadt aufgeführten „regelmäßigen Gespräche“ mit dem Ordnungsreferenten führen zu keiner messbaren Lärmverbesserung.
· Der Stadtratsbeschluss vom 20.10.2011 zur Übertagung des Hausrechts der Gastronomen auf die Beklagte (Stadt Augsburg) führt zu keiner Lärmverbesserung.
· Das von der Stadt aufgeführte Inkrafttreten des Bebauungsplans 470 -Maximilianstraße führt zum derzeitigen Zeitpunkt zu keinerlei Verbesserung der Lärmsituation da der derzeitige Bestand der Gaststätten erhalten bleibt und nur neue Gast- und Vergnügungsstätten nicht mehr zulässig sind. Zudem wird in der zusammenfassenden Erklärung des Bebauungsplanes 470 aufgeführt, dass „ die Überschreitung der gebietstypischen Immissionsrichtwerte erheblich sei und eine abschließende Lösung des Konfliktes durch den Bebauungsplan nicht herbeigeführt werden kann.“
· Die Reduzierung der Parkplätze in der Maximilianstraße von 141 auf 100 durch Längsaufstellen der Parker zu mehr Parksuchverkehr und keiner Lärmverbesserung.
Nachdem somit die beschlossenen Maßnahmen der Stadt Augsburg ohne Einfluss auf die Lärmsituation sind bzw. gar nicht umgesetzt wurden, haben die Kläger Anspruch darauf, dass die Stadt eine Sperrzeitverlängerung im Bereich Maximilianstraße/Ulrichsplatz nochmals prüft. Dabei kann auch in Betracht kommen, die Sperrzeitverlängerung lediglich im Bereich Maximilianstraße einzuführen und ansonsten die Sperrzeitverordnung zu belassen. Durch den Sachverständigen ist belegt, dass besonders in den Morgenstunden eine Verringerung des Gaststättenlärms auf Grund einer Sperrzeitverlängerung besonders wirksam werden kann.
Nach dem deutlichen Urteil des Verwaltungsgerichts zu Gunsten der Anlieger in der Maximilianstraße und gegen die Auffassung und bisherigen Darstellungen der Stadt, fordert die Klägergemeinschaft von der Stadt eine deutliche Umkehr der bisherigen Hinhaltepolitik und fordert der Verpflichtung nachzukommen, den Schutz der Nachtruhe für Anwohner zu gewährleisten. Es geht hierbei, wie die obergerichtliche Rechtsprechung klargestellt hat, nicht um individuelle Ansprüche einzelner, sondern um einen verfassungsrechtlich geschützten „überragend wichtigen Gemeinschaftsbelang“, der Vorrang vor den egoistischen Bedürfnissen solcher Innenstadt-Besucher hat, die meinen, bis in die frühen Morgenstunden rücksichtslos lärmen zu können.
Für die „Klägergemeinschaft Nachtruhe in der Maximilianstraße“
Rechtsanwalt Helmut Müller
Dieser Eintrag wurde zuletzt am 13.02.13 um 18:30 Uhr von Dipl. Betriebswirt Wolfgang Doßmann editiert.